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Ich bin ja ganz in der Nähe von „Linsengericht“ aufgewachsen, einer Gemeinde in Hessen. Doch wie Linsenpflanzen aussehen, wusste ich lange nicht.

Nicht wirklich verwunderlich, denn Linsen wurden in Deutschland ab den 1960ern nicht mehr angebaut. Das Ernten und Reinigen der Linsen ist sehr aufwändig und der Anbau von Getreide wesentlich rentabler. Infolgedessen starben die alten heimischen Linsensorten wie z.B. „Späths Alblinse I und II“ in Deutschland aus. Als Woldemar Mammel in den 1980er anfing auf der Schwäbischen Alb wieder Linsen anzubauen, musste er auf französisches Saatgut zurückgreifen. Die Nachfrage nach seinen Linsen wurde schnell so groß, dass er sich mit benachbarten Landwirten zusammenschloß und die Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“ für biologisch angebaute und gentechnikfreie Linsen gründete.

2006 passierte dann das Wunder: In St. Petersburg (Russland) wurden die ausgestorben geglaubten „Späths Alblinsen I und II“ in einer Saatgutbank entdeckt. In mühevoller Arbeit vermehrte Mammel die wenigen Samen und kann 2011 die „Späths Alblinse II“ zum ersten Mal zum Kauf anbieten. 2012 kommt die „Späths Alblinse I“ dazu. 2014 wurde die schwäbische Alblinse auch in Berlin auf dem Weltacker angebaut, und sie gedieh prächtig.

Dennoch sind die meisten Linsen Exportlinsen, d.h. sie werden nicht dort gegessen, wo sie angebaut wurden. Hauptanbaugebiete sind Indien (ca. 50 verschiedene Linsensorten), Kanada und Türkei. Deutschland nimmt inzwischen wieder Platz 16 ein.

Linsenpflanzen sind auf den Feldern leicht zu übersehen, denn sie tummeln sich fast immer gemeinsam mit Getreide auf dem Acker. Hafer- oder Gerstenhalme sind ihre persönliche „Räuberleitern“ und werden von ihnen zum Ranken genutzt. Aus eigener Kraft kann die Linsenpflanzen nicht stehen und schimmelt zudem schnell, wenn starker Regen ihre feinen Fiederblättchen auf den Boden drückt.

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Linsen gehören wie Bohnen und Erbsen zur Familie der Leguminosen, und die sind für ihre robuste und anspruchslose Art an Klima und Boden bekannt. Durch die Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln, die Stickstoff aus der Luft im Boden zu Nährstoffen umwandeln, haben sie stets ihren eigenen Dünger parat. Ihre tief wachsenden Wurzeln lockern zudem hervorragend den Ackerboden.