Anthropozän-Küche

Wie verändert das, was wir essen, uns und unseren Planeten? Und haben wir die richtigen Rezepte, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren? Ein Blick in die Küchen von zehn Ländern auf fünf Kontinenten zeigt globale Zusammenhänge auf, aber auch Lösungsansätze – in Form eines wunderschönen Comic-Buchs, der „Anthropozän-Küche“.

Brasilien hat ein Zuckerproblem, USA liebt Fastfood, Japan erstickt in Plastikverpackungen und Deutschland will nicht auf sein billiges Fleisch verzichten. Auch in Uganda, Marokko, China, Indien, Kiribati und Norwegen gibt es seit der Globalisierung von Lebensmitteln immense Veränderungen. Innerhalb von drei Generationen wurden heimische Ernährungsgewohnheiten und Lebensmittel durch billige Importware verdrängt. Ernährung ist zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren geworden, den wenige große Konzerne beherrschen und dem sich auch unser Planet gnadenlos anpassen muss: Regenwälder werden abgeholzt, Flüsse verbreitert, Seen gestaut oder ausgetrocknet, Plastik ohne Ende produziert. Das von Menschen gemachte Zeitalter – das sogenannte Anthropozän – ist damit längst angebrochen.

Reinhold Leinfelder, der Leiter des Hauses der Zukunft in Berlin, beschäftigt sich schon länger mit dem Anthropozän und hat zusammen mit seinem Team, zehn Personen aus zehn Ländern nach ihren Lieblingsrezepten und Einkaufsgewohnheiten befragt. Diese Angaben waren Ausgangspunkt für seine wissenschaftliche Recherche, aus der zehn Geschichten als Comic entwickelt wurden. Gezeichnet wurden die Comics von zehn Künstlern aus den jeweiligen Ländern, und sind stilistisch daher sehr unterschiedlich.

Bienen-Drohnen-Stich

Eine der Geschichten spielt in Berlin. Ihre Protagonistin ist Sophie, Studentin der Biologie. Sie findet den immensen Ressourcenverbrauch in der Fleischproduktion sowie deren Auswirkungen auf die Umwelt besorgniserregend und möchte dagegen etwas unternehmen. Warum nicht Insekten essen? Die sind proteinreich, schneiden im Ressourcenverbrauch und den Emissionen von Treibhausgasen zehnmal besser als Fleisch ab und Bienen-Drohnen würden sich hierfür perfekt eignen. Nach der Paarungszeit werden sie vom eigenen Stamm gemobbt und dem Hungertod überlassen. Sie liessen jetzt prima, zum Beispiel zu Bienen-Drohnen-Stich, verarbeiten. Das Rezept dazu findet sich im Buch.

Anthropozän-Küche

Den Bienen-Drohnen-Stich habe ich zwar nicht probiert, aber die Drohnen selbst. Kurz in Öl angebraten sie schmeckten ein bisschen wie Krabben. Nicht so ganz meins, aber ich esse ja auch kein Fleisch.

Im Buch gibt es leider nur ein einziges Rezept mit Leguminosen. Das stammt aus Uganda und ist eine Erdnusspaste, die zu Hirsebrot gegessen wird. Ich habe das mal ausprobiert (klick). Das Buch ist – trotz der vernachlässigten Hülsenfrüchte – allen zu empfehlen, die auf eine schöne Art mehr über den Einfluss der Globalisierung auf die verschiedenen Kulturen und ihre Ernährung erfahren möchten.

„Die Anthropzän-Küche. Matooke, Bienenstich und eine Prise Phosphor – in zehn Speisen um die Welt“ von Reinhold Leinfelder, Alexandra Hamann, Jens Kirstein, Marc Schleunitz (Hrsg.), Springer Verlag Berlin, 2016.

Veranstaltungs-Tipp: Am 24. Januar 2017 wird das Buch von den Machern in der Philipp-Schäffer-Bibliothek in Berlin vorgestellt. https://www.facebook.com/events/730773210415456/

Anthropozän-Küche