In meinem Adventskalender war heute ein kleines Kochbuch: „Das Beste aus der Indischen Küche“. Prima, dachte ich, da ist bestimmt ein leckeres Dal-Rezept drin. Hach, von wegen!
Das ominöse Kochbuch
Lediglich ein einzelnes Rezept mit schwarzen Bohnen und ein weiteres mit bengalischen Erbsen lassen erahnen, dass Hülsenfrüchte in Indien vielleicht doch nicht komplett unbekannt sind. Oder ist es gar andersrum? „Das „Beste aus der Indischen Küche“ ist schliesslich bereits 1985 erschienen. Also zu einer Zeit, in der Linsen und Bohnen noch an Omas Nachkriegs-Eintopf erinnerten und allein deshalb als kulinarisches No-Go galten. Zudem gab es vermutlich damals die geschälten roten und gelben Linsen ohnehin nicht überall zu kaufen, schließlich war die Globalisierung noch jung. So könnte „Das Beste aus der Indischen Küche“ also einfach auf das in Deutschland erhältliche Lebensmittelangebot herunter gebrochen worden sein; nur die bengalischen Erbsen spielen da nicht mit.
Wer ist Mary Hahn?
Das Büchlein ist im Mary Hahn‘s Kochbuchverlag erschienen, und das führt zum nächsten Mysterium. Über den Verlag gibt es kaum Informationen und Mary Hahn selbst gilt als Phantom der Kochbuch-Branche. In Archiven scheint sie wie ausgelöscht. Es finden sich keinerlei Gewerbeanmeldungen und keine Meldezettel. Fest steht nur: Sie wurde 1867 in Niederschlesien geboren, lebte viele Jahre in Berlin, war zwei Mal verheiratet und zwei Mal geschieden. 1906 erschien ein Kochbuch unter dem Verlagsnamen Mary Marode (dem Nachnamen ihres ersten Mannes), das Mary Hahn zugeordnet wird. 1912 veröffentlichte Mary Hahn (jetzt mit dem Nachnamen ihres zweiten Mannes) das „Illustrierte Kochbuch für die einfache und feine Küche“, was zu einem der erfolgreichsten Kochbücher des 20. Jahrhunderts wurde. 1928 – inzwischen über 60jährig und wieder geschieden – gründete sie in Berlin-Steglitz den Mary Hahn Kochbuchverlag. Nur acht Monate später stirbt sie an einer Lungenentzündung. Der Verlag wird zunächst von einer ihrer Töchter und zwei weiteren Frauen weitergeführt. Selbst in den USA erscheinen die Kochbücher. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt die US-amerikanische Besatzungsmacht die Verlagsrechte. 1952 wird Mary Hahn‘s Kochbuchverlag von dem Verleger Paul von Bergen neu gegründet und Ende der 80er eingestellt. (Quelle: http://kulinariwiki.com)
Mein Adventskalender
Über 30 Jahre muss „Das Beste aus der Indischen Küche“ also irgendwo gestanden haben, bevor es dieses Jahr in meinem Adventskalender gelandet ist. Mein Adventskalender ist tatsächlich ein ganz besonderer, denn hier sind Dinge drin, die schon mal ein Zuhause hatten, dann als überflüssig empfunden wurden und nun von mir mit täglicher Vorfreude aus dem Adventskalender ausgepackt werden. Zuvor hatte auch ich 24 Dinge aus meinem Leben aussortiert und zur jährlichen Adventskalender-Aktion von der bezaubernden Susanne Schmitt (vielleicht kennen die Berliner noch das blumen?) gebracht, die diese wunderbare Idee des CO2-neutralen Adventskalenders bereits seit 14 Jahren umsetzt. Um die 60 Adventskalender packt sie innerhalb einer Woche komplett neu aus den vorbeigebrachten Dingen zusammen. Kleine Wünsche darf man zum Glück vorab äußern. Meine waren: nichts aus Plastik, eher Gebrauchsgegenstände, gerne kurios.
„Das Beste aus der Indischen Küche“ erfüllt sie alle.
Hier die rund 60 Adventskalender kurz vor ihrer Abholung:
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