Jeans färben, Edelsteine abwiegen, Briefumschläge zukleben und dafür sorgen, dass in Cola-Getränken die braune Farbe und Zucker zusammenhält. Wer kann das alles? Klar, Hülsenfrüchtler! Diesmal nicht die, die wir als Busch- oder Stangenbohnen kennen, sondern Bäume und Sträucher. Aus Afrika, Asien und dem östlichen Mittelmeerraum; und auch in Bayreuth im Ökologisch-Botanischen Garten.

Dort gab es dieses und letztes Jahr den Schwerpunkt „Hülsenfrüchte“, der Corona-bedingt nicht ganz so groß gefeiert werden konnte wie er eigentlich verdient hätte. Am 1. August 2021 gab’s einen öffentlichen Aktionstag. Ich war dort und zeige hier eine kleine Auswahl an besonders beeindruckenden Hülsenfrüchten.

Übrigens, die Bäume und Sträucher werden natürlich auch künftig dort zu sehen sein. Wer in der Nähe ist, unbedingt vorbeischauen: https://www.obg.uni-bayreuth.de/de/index.html

Die Gummi-Arabicum-Akazie

(Senegalia senegal)
Herkunft: Afrika

Wer erinnert sich noch an die Briefmarken und Briefumschläge, die angeleckt werden mussten, damit sie kleben?

Gummibärchen und Cola kommen noch heute nicht ohne diesen besonderen Hülsenfrüchtler aus. Es ist eine Akazie aus Afrika und sie sorgt dafür, dass sich keine Zuckerkristalle in Süßigkeiten und keine Eiskristalle in Tiefkühlprodukten bilden, der Schaum beim Bier länger und die braune Farbe bei Cola-Getränken überhaupt hält (ohne Gummi Arabicum wäre Cola schlicht farblos, weil sich der Farbstoff absetzen würde). Bevor Gummi Arabicum in der Lebensmittelindustrie verwendet wurde, wurde es auch für die Herstellung von Farben und Tinte eingesetzt.

Gewonnen wird der geschmacksneutrale Stabilisator aus der Rinde des Baumes. Diese wird angeritzt und der austretende Pflanzensaft gesammelt. Der getrocknete Harz wird anschließend pulverisiert und so den Lebensmitteln zugesetzt. Gesundheitlich scheint Gummi Arabicum unbedenklich zu sein und steckt hinter der Nummer E 414 der Zusatzstoffe.

Jährlich werden 80.000 Tonnen Gummi Arabicum weltweit verwendet. Hauptlieferant ist Sudan, 50% des gesamten Gummi Arabicums stammen von hier. Kein Wunder, dass 1997 das von den USA verhängte Handelsembargo gegen den Sudan auf Druck von Coca Cola gelockert werden musste. #WirtschaftmachtPolitik (Quelle: https://www.theguardian.com/world/2013/apr/30/sudan-rebel-coca-cola)

Gummi Arabicum Akazie
Gummi Arabicum

Der Johannisbrotbaum

(Ceratonia siliqua)
Herkunft: Östlicher Mittelmeerraum, Israel, Palästina

Seine riesigen Hülsen hatte ich zum allerersten Mal auf einem kleinen Bauernmarkt in Split, Kroatien, entdeckt. Damals wusste ich nicht, dass er überhaupt so heißt und sogar noch zwei weitere Namen hat: Carob- und Karat-Baum.

Seine Bezeichnung „Johannisbrotbaum“ ist übrigens biblischen Ursprungs. In Israel und Palästina war der Baum früher stark verbreitet – er liebt es sandig und küstennah – und wird indirekt im Zusammenhang mit Johannis den Täufer erwähnt. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn ist Johannis so hungrig und arm, dass er sich danach sehnt, aus dem Schweinetrog die Schoten (botanisch korrekt sind es natürlich Hülsen!) zu essen. (LK 15,16).

Tatsächlich werden die Samenkerne und Hülsen in der menschlichen Ernährung eigentlich nur vermahlen verwendet, als „Johannisbrotkernmehl“ und „Johannnismehl“. Das erste wird aus den Samenkernen gewonnen, das zweite aus dem Fruchtfleisch der Hülse.

Das Johannisbrotkernmehl – auch „Karubenmehl“ genannt – ist hell und wird als Bindungsmittel eingesetzt; insbesondere bei der Speiseeis-Herstellung, weil es auch Kristallbildung verhindert. Es kann das 80- bis 100-fache seines Eigengewichts an Wasser binden und ist damit 5 x quellfähiger als Stärke. Oft wird es auch in glutenfreien Backwaren verwendet. Auf der Zusatzstoff-Liste hat es die Nummer E 410.

Für das Johannisbrotmehl – auch als „Carob-Pulver“ bekannt – wird das Fruchtfleisch geröstet und dann vermahlen wird. Es ist farblich dunkler und erinnert geschmacklich an Kakao. Es wird deshalb ähnlich wie Kakaopulver verwendet, enthält aber weniger Fett und keine anregenden Substanzen.

Den Namen „Karat-Baum“ hat der Baum, weil die Samenkerne ein konstantes Durchschnittsgewicht von 200 Milligramm haben und selbst nach Jahrzehnten halten. In der Antike wurden sie als Gewichtseinheit für Diamanten verwendet. Die Bezeichnung „Karat“ entstand über das arabische Qīrāt aus dem griechischen kerátion (=„Hörnchen“, da die Fruchthülse des Johannisbrotbaumes hörnchenförmig ist).

Johannisbrotbaum

Der Indigostrauch

(Indigofera tinctoria)
Herkunft: Afrika, Indien und China

Aus seinen Blättern wird die tiefblaue Farbe gewonnen, und das bereits seit 2.500 v.Chr. Die Farbgewinnung ist allerdings sehr aufwendig und aufgrund verschiedener Gärprozesse auch sehr geruchsintensiv. Das englische Königshaus hatte deshalb einst erlassen, dass Färbereien mindestens 2 Kilometer Abstand zu royalen Gebäuden einzuhalten hätten. Die Farbe war zudem so teuer, dass sie sich nur Königshäuser leisten konnten und die Bezeichnung „Royalblau“ entstand.

In Europa wurde bis ins 17. Jahrhundert der Färberwaid (Isatis tinctorias) zum Blaufärben verwendet. 1878 gelang dem deutschen Chemiker Adolf von Baeyer erstmals die vollsynthetische Herstellung von Indigo, die seitdem für das Färben unserer Jeans genutzt wird.

Indigo Farbe
Indigo-Baum

Die Paternostererbse

(Abrus precatorius)
Herkunft: Indien

Sie ist wunderschön und hochgiftig. Bereits ein einziger, roher Samen des mehrjährigen Kletterstrauchs ist tödlich. Das darin enthaltene Gift – Abrin – gilt als eines der stärksten Pflanzengifte. 1 Gramm kann 1,5 Millionen Menschen töten. Ein Gegengift gibt es nicht. Seinen Namen hat der leuchtend rote Samenkern, weil er für Rosenkränze (früher auch Paternosterschnur genannt) und Gebetsketten in christlichen und buddhistischen Kulturen verwendet wird. Auch als Perle für Schmuck wird er gerne verwendet. Das Tragen gilt als ungefährlich – so lange man nicht darauf herum kaut -, doch die handwerkliche Herstellung birgt Risiken für die Arbeiterinnen in Indien. Deshalb wird erwogen den Verkauf des Schmucks in Deutschland zu verbieten.

In Indien wird sie zudem zum Abwiegen von Gold genutzt, weil die Erbsen ein konstantes Gewicht haben.

Paternostererbse
Paternostererbsen-Pflanze

Der Kerzenstrauch

(Cassia didymobotrya)
Herkunft: Afrika, Asien

Das Besondere am Kerzenstrauch ist, dass die Hände nach gerösteten Erdnüssen riechen, wenn man seine Blätter anfasst. Zum Verzehr ist an dieser Pflanze aber nichts, sie ist giftig und sehr hübsch.

Kerzenstrauch